03.05.2015

Die Rückseite der Medaille

Der Böse Wolf hat vor vielen Monaten ein Schauspiel beschrieben. Dieses Schauspiel entfaltet sich jetzt immer mehr, die Details werden langsam sichtbar. Und so wie es in der Natur jeder Realität dieser Welt liegt, hat eben jedes Ding zwei Seiten. „Gut und böse“, das ist eine Unterscheidung, die wir so gewohnt sind, dass wir nur selten darüber nachdenken, wie sinnvoll sie ist. Der Böse Wolf klettert heute auf den Großen Turm zu Spich und schaut auf die Menge Leute hinunter, die sich dort versammelt hat, um darüber zu rätseln, wie denn das Blendwerk wohl funktionieren mag. Die Physiker konnten es ohnehin nie erklären, fast alle von ihnen sagten von Anfang an: Das ist ein Perpetuum Mobile – so etwas funktioniert nicht. Andere sagten: Das funktioniert nach Gesetzen, welche die klugen Physiker noch nicht entdeckt haben – das ist „Freie Energie“ oder „Raumenergie“ ... sie wussten nicht, worüber sie da reden, aber sie glaubten es zumindest. Für den größeren Teil der versammelten Menge war klar: Hier handelt es sich um einen Betrug. Der andere Teile jedoch, für den war klar: Hier findet eine Revolution statt! Das ist endlich die Befreiung der Menschheit von der Geißel der „Energiemafia“! Die Energiemafia – das sind die „Bösen“, welche die anderen von sich abhängig machen.

Der Böse Wolf sitzt heute also da oben auf dem Turm und beobachtet die Ratten, und er beobachtet die ehrfürchtige Menge, die den Turm zu Spich anbetet, den „Kaiser“. Die Ratten reiben sich hinter den Kulissen die Hände und haben dollarglänzende Augen, die Ehrfürchtigen, die auf die wunderbaren Kleider des Kaiser starren (die im Wesentlichen aus Kabeln und Messgeräten gewebt sind), haben ebenfalls glänzende Augen. Sie träumen von der „Freien Energie“, die nun ihnen gehört und nicht mehr der bösen Mafia.

Der Traum von der „Freien Energie“ ...

Die Zweifler, die nicht recht wissen, auf welche Seite sie sich nun stellen sollen, sind nur noch ein kleines Häufchen. Es gab unter den Gaiern einige, die anfangs auf der Welle der Euphorie mitschwammen, die aber nicht grundsätzlich „Gläubige“ waren. Es waren diejenigen, die für Argumente empfänglich waren und die auch der „andere Seite“ zuhörten, wenn diese lautstark von Betrug sprach. Die meisten von ihnen sind heute unter den „Abtrünnigen“, die ihr Geld zurückverlangten oder gleich gar nicht eingezahlt hatten. Sie sind flügge geworden und haben den Gaierhorst verlassen. Der „harte Kern“ jedoch, der war durch nichts, durch gar nichts zu erschüttern. Kein noch so wissenschaftliches Argument konnte den Glanz in ihren Augen trüben. Man scharte sich noch enger zusammen als bereits zu Anfang, war jetzt erst recht ganz, ganz sicher, dass man zu den Wenigen gehörte, die es besser gewusst hatten, und die jetzt den Lohn für ihre Standhaftigkeit ernten würden. Sie hätten es dem Rest der Welt gezeigt, all diesen neunmalklugen Wissenschaftlern, die einfach nichts davon wissen wollten, dass ihre Physik längst überholt wäre. ROSCH und Gauner? Undenkbar!

Der Böse Wolf grinst. Er ist in letzter Zeit öfter gefragt worden, ob er denn die 12.000 Euro, die er als Preis ausgeschrieben hat, schon auf ein Treuhandkonto eingezahlt hätte ... Im Grunde ging es gar nicht mehr darum, diesen Preis einzustreifen, es ging einfach um die Genugtuung, es ihm gezeigt zu haben und ihn und seine Kumpane in die Schranken gewiesen zu haben.

Der Böse Wolf blickt versonnen hinunter auf die „Gauner“. Er ist ihnen nicht böse. Ganz im Gegenteil. Er wusste von Anfang an, dass das „Schauspiel“ ohne sie nie hätte stattfinden können. Irgendjemand musste(!) die Gauner verkörpern. Es ist eine der schwersten Rollen, die es zu spielen gibt, und der Böse Wolf hat in gewisser Weise durchaus Respekt vor ihnen. Einen Betrug in aller Öffentlichkeit mit dieser Dreistigkeit durchzuziehen, wie es da unten am Fuße des Großen Turms zu Spich gerade inszeniert wird – das macht ihnen so leicht niemand nach! Hut ab! Der Böse Wolf weiß, dass viele von den Gläubigen erst dann eine Chance haben aufzuwachen, wenn die Gauner sie so richtig abgezockt haben. Es wäre im Grunde schade um das schöne Schauspiel, wenn es vorzeitig zu Ende wäre, wenn die Polizisten zu früh auf die Bühne stürmen und den Brennpunkt des Schauplatzes in einen Gerichtssaal verlegen würden ... der Aufschrei wäre zu leise. Der Böse Wolf hat den Eindruck, dass manche der Gaier abgezockt werden wollen! Sie betteln geradezu darum. Nur zu! Der Böse Wolf winkt den Gaunern zu. Er weiß, dass diejenigen, die jetzt, zu diesem fortgeschrittenen Zeitpunkt des Schauspiels, noch immer ehrfürchtig auf die Messgeräte starren, ohnehin nicht mehr umgestimmt werden können. Diejenigen, die bereit waren nachzudenken und hinzuschauen, waren längst abgesprungen. Sie haben erkannt, dass hier nur ein schnöder Betrug stattfindet und dass der Begriff „Freie Energie“ von niemandem wirklich erklärt werden konnte, dass er einfach nur eine Nebelschwade war, ein frommer Wunsch, so etwas wie das „Paradies“, das nach dem Tod auf die „Guten“ wartet ...

Der „innere Kreis“ der Gläubigen hielt noch die Fahnen hoch. Sie würden sich ihren Traum nicht nehmen lassen. Sie schotteten sich ab vor jeglichen Argumenten. Nichts, gar nichts ließen sie an sich heran, was in irgendeiner Weise Zweifel schüren und sie verunsichern konnte. Am letzten Tag der Vorführungen würde der „Messtag“ sein – die heilige Messe! Dann würde endgültig der Durchbruch der Neuen Physik bewiesen sein! Auch der Böse Wolf wäre überrascht, wenn es anders käme. Der „Beweis“ wird tatsächlich erbracht werden, der „Überschuss“ wird mit Sicherheit gemessen werden. Messt, liebe Leute, messt, was das Zeug hält! Messt, dass sich die Zeiger der Messgeräte biegen wie die Balken! Die Gaier haben es euch vorgemacht, und mit ihnen viele, viele „renommierte Ingenieure und Experten“, selbst der TÜV hat seinen Segen gegeben, in der halben Welt werden bereits Großkraftwerke errichtet ... Ihr braucht das, liebe Gaier, dass ihr betrogen werdet. Seid den Ratten zu Spich dankbar, dass sie euch diesen Gefallen tun. Ihr würdet euren Traum sonst noch viele weitere Jahre träumen (einige von euch werden ihn ohnehin bis ans Ende ihrer Tage träumen, dagegen ist kein Kraut gewachsen ...).

Der Traum der Freien Energie ... Wisst ihr, liebe Gläubige, ihr habt noch nicht einmal verstanden, was „normale“ Energie ist. Ihr habt schlicht und einfach keine Ahnung, was Energie überhaupt ist. Aber das gebt ihr nicht zu. Bis es eines Tages knallt – dort, wo ihr alle sehr empfindsam seid, in eurer Geldbörse. Ihr werdet schreien und die bösen Gauner verfluchen ... aber das ist nicht ganz fair. Ihr solltet euch selber anschreien ... ihr solltet in den Spiegel schauen und ... oh, es wird weh tun, denn dort wird euch der Hofnarr entgegenblicken, der es nicht sehen wollte, dass der Kaiser immer schon nackt war. Schimpft nicht auf die Gauner. Haltet ihn aus, diesen Anblick. IHR seid es, die den Kaiser nicht sehen wollten. Die Ratten haben nur ihren Part gespielt. Und sie haben ihn GUT gespielt! Der Böse Wolf kichert in sich hinein ... bald wird der Vorhang fallen ...


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